Elefant im Raum
Im Lean Coffee vom 21.4.2023 haben wir über das Phänomen eines Elefanten im Raum gesprochen. Das hat mich veranlasst, diesen Artikel zu schreiben. Zuerst aber eine Erklärung, was der Ausdruck genau beinhaltet.
Diese Metapher besagt, dass es offenkundig in einer Gruppe ein Problem gibt, welches die Menschen zwar bemerken, aber nicht offen ansprechen oder etwas dagegen unternehmen, sondern versuchen, es zu vermeiden. Dieser Zustand fühlt sich an, als ob ein Elefant im Raum wäre, den jeder sieht, aber alle tun so, als wäre er gar nicht da und ignorieren ihn.
Wikipedia liefert einige interessante Hintergrundinformationen zu dieser Metapher:
Der Ausdruck stammt ursprünglich aus dem Russischen, wird heute vielfach auch im englischen Sprachraum verwendet und seit der Jahrtausendwende auch immer mehr in Deutschland. Ein Problem wird nicht zur Sprache gebracht und durch diese Vermeidungshaltung fühlt man sich unbehaglich.
Die Gründe, warum das Problem nicht offen angesprochen wird, sind vielfältig.
Hier sind ein paar Beispiele:
- Angst, ein Tabu zu brechen
- Angst davor, bei Ansprache des Problems persönliche Nachteile zu erfahren
- Angst davor, mit gesellschaftlichen Konventionen zu brechen
- Angst davor, ungeschriebene Regeln zu missachten
- Angst davor, jemanden zu kränken oder jemandem weh zu tun
Wie spreche ich einen Elefanten im Raum an?
Es ist nicht so einfach, einen Elefanten im Raum anzusprechen, da es sich um Themen handelt, die nicht angenehm sind, denn andernfalls würden diese nicht vermieden werden.
Hier sind ein paar Tipps, wie man vorgehen kann:
- Das Thema mit Respekt und Fingerspitzengefühl ansprechen, indem man zum Beispiel erst etwas Positives erwähnt und dann auf das unangenehme Thema zu sprechen kommt in Form von „ich“-Botschaften und anschließend um einen offenen Austausch bittet, so dass die anderen Betroffenen sich ebenfalls äußern können, ohne Angst haben zu müssen, dafür verurteilt zu werden.
- Einzelpersonen sollten nicht direkt angesprochen werden und es sollten erst recht keine Schuldzuweisungen ausgesprochen werden.
- Klarheit und Verständlichkeit sind wichtig, damit alle wissen, worum es eigentlich geht.
- Ideen für Lösungen anbringen – das richtet den Fokus auf die Lösung und macht klar, dass es darum geht und man nicht in einem unangenehmen Thema stecken bleiben oder bloß „meckern“ möchte.
- Der Gruppe Zeit geben, denn es dauert eventuell eine Weile bis jede/r bereit ist, sich auf das unbeliebte Thema einzulassen.
- Lösungsvorschläge von allen sammeln.
Gibt es wirklich einen Elefanten im Raum oder sehe ich den nur?
Es kann vorkommen, dass man das Gefühl hat, es gäbe einen Elefanten im Raum, aber man ist unsicher, ob es ein Problem gibt, welches alle betrifft, oder nur einen selbst.
Vielleicht gibt es eine Problemthema im eigenen Arbeitsumfeld, das einem die Arbeit erschwert und von anderen Personen noch nicht bemerkt wurde. Möglich ist auch, dass es ausschließlich die eigene Wahrnehmung betrifft oder auf persönliche Themen zurückzuführen ist, die nur mit der eigenen Person zu tun haben.
Um das sicher herauszubekommen, empfiehlt es sich, im Vorfeld mit Kolleg:innen darüber zu sprechen und diese nach ihrer Meinung zu fragen.
Vorkommen kann auch, dass man ein Problem bemerkt, bevor es anderen Menschen aufgefallen oder bewusst geworden ist. In jedem Fall empfiehlt es sich, das Thema vorsichtig anzusprechen.
Wie finde ich den Elefanten im Raum heraus?
Um den Elefanten beziehungsweise das Problemthema herauszufinden, ohne, dass jemand es direkt offen ansprechen muss, gibt es eine Methode von Willem Larsen, wie man im Team anonym mit Karten arbeiten kann. Es gibt pro Teammitglied ein Deck an Karten. Dieses Deck enthält:
- eine Sonnenkarte: die besagt, dass alles in Ordnung ist
- eine Elefantenkarte: hier gibt es einen „Elefant im Raum“
- eine Mondkarte: neutral, nichts Besonderes, aber auch keine gute Stimmung
- eine Karte, auf der ein Stiefel auf eine Blume tritt: bedeutet, meine Gefühle wurden verletzt, ohne, dass darüber gesprochen wurde
Werden dabei eine oder mehr Elefantenkarten ausgelegt, bedeutet dies nicht, dass jemand das dahinter liegende Thema sofort direkt ansprechen soll. Es kann bei einem weiteren Termin mit mehr Zeit und Vorbereitung in Ruhe darüber gesprochen werden.
Auch, wenn mehrere Stiefelkarten und Mondkarten ausgelegt wurden, sollte es ein weiteres Meeting mit mehr Zeit geben, um die Verfassung des Teams zu durchleuchten und zu stabilisieren und die Themen zu klären.
Was will der Elefant im Raum?
Der Elefant im Raum will letztendlich auf sich aufmerksam machen. Er verursacht negative Gefühle wie Unsicherheit und Unwohlsein, damit er bewusst angesprochen wird und das hinter der Metapher liegende Problem angegangen und bestenfalls gemeinsam gelöst wird. Es ist eine Herausforderung, manche Themen offen anzusprechen. Auf Dauer gesehen, ist es aber einfacher, bewusst und transparent mit Themen umzugehen, als diese zu vermeiden, was oft in größeren Konflikten mündet oder in Situationen, in denen man nicht weiterkommt oder nicht mehr konstruktiv zusammenarbeiten kann.
Fazit:
Meine Idee ist es, für Meetings einen „Elefanten Alert“ zu entwickeln, bei dem anonym Stimmen für ,Es ist ein Elefant im Raum‘ abgegeben werden können und der diese sammelt und hochzählt (Counter). Erst bei einer bestimmten Anzahl der abgegebenen Stimmen wird sich Zeit genommen und das Thema (oder die Themen) werden in Ruhe und mit einer Vorlaufzeit, damit sich jede/r darauf vorbereiten kann, angesprochen.
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